Der Behandlungsvertrag im BGB – Neue Regelungen im Jahr 2013

Am 26.02.2013 ist in das BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ein neuer Vertragstypus aufgenommen worden: Der Behandlungsvertrag.

In den §§ 630a – 630h BGB sind seitdem die wechselseitigen rechtlichen Rechte und Pflichten von Patienten auf der einen Seite und Ärzten auf der anderen Seite in dem Grundwerk des deutschen Zivilrechts nachzulesen.

Das Gesetz, mit dem die neuen Paragrafen in das BGB eingeführt wurden, trägt den stolzen Namen „Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“ und soll nach der amtlichen Begründung des Gesetzes die „Transparenz und Rechtssicherheit … der Rechte der Patientinnen und Patienten herstellen, die tatsächliche Durchsetzung dieser Rechte … verbessern, zugleich Patientinnen und Patienten im Sinne einer verbesserten Gesundheitsversorgung … schützen und insbesondere im Fall eines Behandlungsfehlers stärker … unterstützen“ (Bundestag Drucksache 17/10488).

Wer aber mit diesem Gesetz in Anbetracht dieser vollmundigen Erklärungen eine revolutionäre Änderung der Patientenrechte erwartet hat, muss enttäuscht werden. In den acht neuen Paragrafen zum Behandlungsvertrag findet sich, nunmehr in Gesetzesform gegossen, im Wesentlichen nur das wieder, was die Gerichte ohnehin in jahrelanger Praxis zu rechtlichen Fragen rund um die Patientenrechte entschieden haben. Ob es die Patientenrechte wesentlich verbessert, wenn sich dieses Richterrecht jetzt in Paragrafen wieder findet, darf bezweifelt werden. Jedenfalls lässt sich aber ein „Gesetz zur Verbesserung von Patientenrechten“ politisch gut verkaufen.

Folgende Regelungen zum Behandlungsvertrag sind nunmehr den §§ 630a ff. BGB zu entnehmen:

§ 630 a BGB – Vertragstypische Pflichten beim Behandlungsvertrag

In dem neuen § 630 a BGB sind die wechselseitigen Pflichten der beiden Parteien eines Behandlungsvertrages geregelt. Der Arzt (oder auch andere Angehörige von Heilberufen wie z.B. der Heilpraktiker oder der Physiotherapeut) verpflichtet sich, die medizinische Behandlung des Patienten vorzunehmen, der Patient hat die Pflicht, die für die Behandlung vereinbarte Vergütung zu bezahlen, soweit dies nicht von einem Dritten, zum Beispiel der Krankenkasse übernommen wird.

§ 630a Abs. 2 BGB stellt klar, dass die Behandlung grundsätzlich „nach allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen“ hat. Verstößt ein behandelnder Arzt gegen diese Standards, so liegt, wie bisher auch schon, ein Behandlungsfehler vor, der gegebenenfalls Haftungsansprüche des Patienten auslöst.

§ 630b BGB – Auf den Behandlungsvertrag anwendbare Vorschriften

In § 630b BGB wird klargestellt, dass auf den Behandlungsvertrag, wie bisher auch schon, Dienstvertragsrecht der §§ 611 ff. BGB anwendbar ist, soweit sich in den Paragrafen zum Behandlungsvertrag selber keine abweichenden Regelungen finden lassen.

Nach wie vor schuldet der behandelnde Arzt danach wegen der Komplexität der Vorgänge im menschlichen Körper gegenüber seinen Patienten nicht den Eintritt eines konkreten Heilungserfolges, sondern lediglich das fachgerechte Bemühen um die Genesung des Patienten.

Haben die Parteien des Behandlungsvertrages eine bestimmte Vergütung vereinbart, so schuldet der Patient diese Vergütung, § 611 Abs. 1 BGB. Ist überhaupt nicht über eine Vergütung gesprochen worden, so gilt diese regelmäßig als stillschweigend vereinbart, § 612 Abs. 1 BGB.

§ 630c BGB – Mitwirkung der Vertragsparteien und Informationspflichten für den Arzt

§ 630c BGB normiert für den behandelnden Arzt in verschiedener Hinsicht Informationspflichten.

So muss der Arzt nach § 630c Abs. 2 BGB den Patienten vor Beginn der Behandlung in verständlicher Weise zwingend über den Verlauf der Behandlung, die von ihm gestellte Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen aufklären. Zum Teil überschneiden sich die hier normierten Pflichten mit den in § 630e BGB zu findenden Aufklärungspflichten.

Auch in wirtschaftlicher Hinsicht hat der Arzt den Patienten aufzuklären, wenn er nämlich positiv weiß oder zumindest vermutet, dass die entstehenden Behandlungskosten nicht zur Gänze von einer Krankenversicherung übernommen werden. Bestehen für eine solche Deckungslücke Anhaltspunkte, muss der Arzt den Patienten hierüber in Textform, § 126 BGB, in Kenntnis setzen.

Was bei Fehlen einer solchen Information passieren soll, kann man dem Gesetz nicht entnehmen. In der Gesetzesbegründung wird hierzu auf ein Urteil des BGH verwiesen, wonach „bei einem schuldhaften Verstoß gegen diese (wirtschaftliche) Aufklärungspflicht … dem Patienten ein Schadensersatzanspruch zustehen (kann), den er dem Anspruch … auf Bezahlung der Behandlungskosten entgegenhalten kann“ (BGH, Urteil vom 09.05.2000, VI ZR 173/99).

In § 630c Abs. 4 BGB ist nunmehr die Selbstverständlichkeit normiert, dass es einer Information des Patienten durch den Arzt dann nicht bedarf, wenn die Behandlung zum Beispiel unaufschiebbar ist.

§ 630d BGB – Einwilligung des Patienten

In § 630d BGB ist nunmehr die Pflicht des behandelnden Arztes normiert, von seinem Patienten vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme dessen Einwilligung einzuholen. Dieses Erfordernis, eine Einwilligung des Patienten einzuholen, dient der Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten.

Die Wirksamkeit der Einwilligung hängt davon ab, dass der Patient vom Arzt umfassend aufgeklärt wurde.

§ 630e BGB – Aufklärungspflichten für den Arzt

Auch der § 630e BGB bringt nichts substanziell Neues, sondern enthält die Pflicht des behandelnden Arztes zur so genannten Eingriffs- und Risikoaufklärung (Selbstbestimmungsaufklärung). Diese vom Arzt geschuldete Aufklärung soll den Patienten in die Lage versetzen, die Chancen und Risiken der geplanten Behandlung gegeneinander abwägen zu können und nachfolgend eine selbstbestimmte Entscheidung über die Frage treffen zu können, ob er den Eingriff vornehmen lassen will oder nicht.

Der Arzt hat den Patienten daher über Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie umfassend und vor allem persönlich im Rahmen eines Gespräches aufzuklären.

§ 630f BGB – Dokumentation der Behandlung

§ 630f BGB normiert für den Arzt die Pflicht, für jeden einzelnen Patienten eine Patienakte – schriftlich oder elektronisch – zu führen und in dieser Akte alle wesentlichen Umstände der Behandlung festzuhalten und bei nachträglichen Änderungen das Änderungsdatum klarzustellen.

Wie bisher auch ist die Patientenakte für einen Zeitraum von 10 Jahren aufzubewahren, § 630f Abs. 3 BGB.

§ 630g BGB – Einsichtnahme in die Patientenakte

§ 630g BGB stellt nunmehr klar, dass der behandelnde Arzt seinem Patienten auf dessen Wunsch hin grundsätzlich unverzüglich die Einsichtnahme in die Patientenakte gestatten muss. Der Patient kann auch elektronische Abschriften der Patientenakte verlangen.

Einsichtsrechte in die Patientenakte können nach dem Tod des Patienten auch dessen Erben und nahe Angehörige geltend machen, § 630g Abs. 3 BGB.

§ 630h BGB – Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler

In § 630h BGB hat der Gesetzgeber die bisher zu Fragen der Beweislast bei Behandlungs- und Aufklärungsfehlern von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze weitgehend unverändert in Paragrafenform gebracht.