Der Behandlungsvertrag als Dienstvertrag

Den zwischen Patient und Arzt zustande gekommenen Behandlungsvertrag bezeichnen die Juristen als Dienstvertrag, nicht als Werkvertrag.

Diese Charakterisierung ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere auch für die in den späteren Kapiteln skizzierte Haftung des Arztes.

Wegen der Komplexität der Vorgänge im menschlichen Körper und ihrer teilweisen Unbeherrschbarkeit durch den Menschen und auch durch die moderne Medizin kann der behandelnde Arzt nicht ein "Werk" oder einen Erfolg (z.B. Gesundheit) schulden.

Zum Beispiel kann es auch bei Einhaltung der höchst möglichen Hygiene - schicksalhaft - gleichwohl zum Auftreten einer Entzündung kommen.

Als Partner des Behandlungsvertrages schuldet der Arzt vielmehr seine Dienste lediglich in der Weise, dass er eine den Regeln der medizinischen Wissenschaft entsprechende Untersuchung und Behandlung zu erbringen hat, für den Erfolg muss und kann er nicht garantieren.

Diese soeben vorgenommene Klassifizierung des Arztvertrages als Dienstvertrag gilt auch für die zahnärztliche Prothetik. Auch hier kann der Zahnarzt nicht für den Erfolg (z.B. das "passende" Gebiss) garantieren, denn es steht nicht in seiner Hand, ob es nach Erstellen des Abdrucks beispielsweise noch zu einer Veränderung des Kiefers, zu Entzündungen oder zu einem nicht vorhersehbaren Zahnfleischrückgang kommt

Dienstvertrag ist sogar ein Vertrag über eine Sterilisation oder eine kosmetische "Schönheits"-Operation. Auch hier schuldet der Arzt lediglich sein ärztliches Bemühen im Rahmen des anerkannten Standards. Für den Erfolg (Unfruchtbarkeit, positive Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes) kann er auch in diesen Fällen nicht garantieren.

Diese Charakterisierung des Behandlungsvertrages als Dienstvertrag hat zur Folge, dass dem Patienten bei Misslingen der ärztlichen Bemühungen ein Anspruch auf kostenfreie Nachbesserung nicht zusteht.

Ferner kann vom Ausbleiben des erhofften Erfolges (Gesundung, Linderung) allein nicht auf das Vorliegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers geschlossen werden.

Als Werkvertrag werden allein die rein handwerklichen Tätigkeiten der medizinischen Hilfsberufe wie Zahntechniker oder orthopädischer Schuhmacher angesehen. Das Herstellen des Gebisses oder des Schuhes unterliegt dem Werkvertragsrecht mit dem Recht des Patienten auf Nachbesserung. Die Planung und Anpassung hingegen unterliegt wiederum den dienstvertraglichen Pflichten des Arztes.